Das "Dammgrabensystem"

Ein bedeutendes Denkmal für die Wasserbaukunst der Harzer Bergleute ist das "Damm-
grabensystem". Es diente der Versorgung des "Burgstätter Zuges", östlich von "Claus-
thal", mit "Aufschlagwasser".
Das "Zellerfelder Revier" nutzte schon früh die niederschlagsreichen Höhen des "Bocks-
berges" und der "Schalke" als Wasserspender.
Das Clausthaler Revier "Rosenhof" orientierte sich nach Süden und erschloss das Ein-
zugsgebiet der "Innerste", die nordöstlich von "Buntenbock" entspringt.
Ganz problematisch war die Wasserversorgung auf dem "Burgstätter Zug". Schon 1657 war ersichtlich, dass die Wasser des "Zellbachs" ("Pfauenteiche")nicht reichen. Man zapfte mit dem "Johann-Friedrich-" und dem "Prinz-Walliser-Wasserlauf" die obere "Innerste" an, aber auch das brachte keine deutliche Verbesserung.

(Wasserlauf- bergmännisch aufgefahrener Stollen, zur Durchleitung von Wasser.)
1707 spitzte sich die Situation zu. Auf den östlichen, am höchsten gelegenen Gruben wurden reiche Erzmittel gefunden. 1709 kam schon die Grube "Dorothea" und 1713 die Grube "Caroline" in Ausbeute.
(in Ausbeute- sie warfen Gewinn ab)
Sie blieben fast 150 Jahre in hoher Ausbeute. Mangels genügend Aufschlagwassers erfolgte die Förderung anfangs mit dem "Pferdegöpel".
(Pferdegöpel- die Seiltrommel über dem Schacht wird mit Hilfe von, im Kreis laufenden, Pferden angetrieben)
Das konnte aber nur eine kurzfristige Lösung sein, weil der Abbau in immer größere Teufen ging.

(Teufe- Tiefe)
Genug Wasser gab es aber nur im Osten, im "Acker-Bruchberg-" und "Torfhaus-Brockenfeld-Gebiet". Von diesen Wassern war die Clausthaler Hochebene durch das obere "Sösetal" getrennt. Nach reichlicher Überlegung wurde ein 953 m langer und 16 m hoher Erdäquadukt im "Sösetal" aufgeschüttet, auf dessen Krone das Wasser im soge-
nannten "Dammgraben" nach "Clausthal" fließen konnte.

Bild:Dr. Liessmann

Der Graben ist fast auf der gesamten Länge abgedeckt,
was ein Zufrieren in strengen Wintern verhindern sollte

Bild:Dr. Liessmann
Bis 1824 wurde daraus ein ganzes System, das im Osten bis zur "Radau" und "Ecker" reichte und über den Rotenberger Graben" (Ostflanke des "Bruchberges") Wasser aus dem Einzugsgebiet der "Oder" und "Sieber" sammelte.
Der "Morgenbrodstaler Graben" brachte Wasser aus dem Quellgebiet der "Söse" und mündete kurz vor dem Damm in den Hauptgraben.

bitte klicken Sie auf das Bild
Bild:Dr. Liessmann
Dieses System war 47 km lang und führte maximal 10 Rad Wasser über den Damm.
(1 Rad= 5 m3)
Ein Abdecken der Gräben mit Bohlen, Platten oder auch Reisig half in den strengen Harzwintern nicht immer gegen das Zufrieren. So entschloss man sich, die Gräben nach und nach zu kürzen in dem man sie nicht mehr um die Berge herum leitete, sondern "Wasserläufe" durch diese auffuhr. 18168 gab es 15 solcher Stollen mit einer Gesamtlänge von rund 7500 m.
Unteres Mundloch des
"Rotenberger Wasserlaufs"
Der "Dammgraben" schüttete sein Wasser in den "Hausherzberger Teich" bzw. in den "Unteren Pfauenteich". Damit hatte der "3. Fall" des oberen "Burgstätter Zuges" ab 1734 genügend Wasser.
Schwieriger war die Lage in den beiden höheren Gefällstufen. Vom "oberen Fall" des "Hirschler Teiches" bekam das 1726 errichtete "Kunstrad" der "Grube Caroline" das Aufschlagwasser.
Den "2. Fall" bildeten die nebeneinander liegenden "Kehrräder" der "Dorothea" und der "Caroline", die das Aufschlagwasser vom "Mittleren Pfauenteich" und "Jägersbleeker Teich" bekamen.

Bild:Dr. Liessmann
Die Drehbewegung des "Dorothea Kunstrades" wurde mittels eines 400 m langen doppelten Feldgestänges zum Schacht übertragen. Beim "Caroliner Rad" waren es 720 m und es waren noch drei Winkel zur Rich-
tungsänderung des Gestänges eingebaut.
Der Damm des "Hirschler Teiches" wurde dreimal erhöht und hatte ab 1765 ein Fassungsvermögen von 699 000 m3.
Um den "Jägersbleeker Teich" besser mit Wasser zu versorgen, wurde der "Tränkegraben" gebaut.

Bild:Dr. Liessmann
So richtig gelöst war das Wasserproblem für den "1. Fall" damit noch nicht.
Erst die geniale Idee des späteren Oberbergmeisters "Georg Andreas Steltzener" brachte die gewünschte Sicherheit der Wasserversorgung.
Er ersann das System der "Huttaler Widerwaage"
Als erstes wollte er die Wasser, der im "Huttal" zur "Söse" ablaufenden Bäche, nutzen. dazu wurde ein 780 m langer "Wasserlauf vom "Huttaler Graben" zum "Hirschler Teich" aufgefahren. Des weiteren sollte auch das Wasser aus dem "Neuen Huttaler Teich" und dem "Schwarzenberger Graben" genutzt werden. Dazu wurde der Damm des Teiches um 1,4 m erhöht, der "Huttaler Graben" und der "Huttaler Wasserlauf" "totsöhlig" aufgefah-
ren.

(totsöhlig- ohne Gefälle)
Jetzt konnte auch anders herum überschüssiges Wasser aus dem "Hirschler Teich" in den "Huttaler Teich" fließen. Auf dessen Grund befand sich das Mundloch des "Polster-
berger Wasserlaufs". Durch öffnen des Striegels floss das Wasser dann über den "Trän-
kegraben" in den "Jägersbleeker Teich".
So stand das überschüssige Wasser des "Hirschler- und Huttaler Teiches" auch für den "2. Fall" zur Verfügung. War der "Jägersbleeker Teich" auch voll, so kam das Wasser noch über den "Dammgraben" noch dem "3. Fall" zu gute.
Ab 1800 machte sich wiederum Wassermangel bemerkbar. Auch hier hatte der "Ober-
bergmeister Steltzener" eine Idee. 1801 wurde die "Polsteberger Hubkunst" gebaut. Sie hob Wasser aus dem "3. Fall" (Dammgraben) auf den "1. Fall". das Wasser des Graben floss durch eine "Rösche" in den Pumpenschacht und oben, 18 m höher, lief es über ein "Gerenne" in den "Alten Polsterberger Wasserlauf".

(Gerenne- hölzerner Graben)
Die "Hubkunst" wurde über ein 530 m langes "Feldgestänge" angetrieben. Das "Kunst-
rad" bekam sein Wasser aus dem "Oberen Hellertaler Graben".

Das "Polsterberger Hubhaus" mit der "Einlaufrösche"
1809 bekam diese Hubkunst ein zweites, 260 m langes, Feldgestänge welches vom "Fortunater Graben" angetrieben wurde.
1815 hat man dann den "Alten Polsterberger Was-
serlauf" aufgegeben und durch den, auf dem Niveau der "Widerwaage" aufgefahrenen "Schwarzenberger Wasserlaufs" ersetzt. Wodurch dann der "Neue Hut-
taler Teich" überflüssig wurde.
Bis zur Schließung der "Dorothea" und "Caroline" im Jahr 1867 war die Wasserversorgung gesichert.
Auf Grund des Borkenkäferbefalls wurden auch im Bereich des "Polsterberger Hubhauses" Flächen beräumt. So kann man heute die Streckenführung der Feldgestänge zur Hubkunst nach verfolgen.
Es stand also genügend Wasser zur Erzförderung und zum Abpumpen der Sickerwasser in den "oberflächennahen" Grubenbauen der Schächte zur Verfügung.

Ein "Markscheider" bei der Arbeit

Das Wasser - Seegen und Fluch des Bergbaus

Wie seegensreich das Wasser für den Bergbau war, habe ich an Hand des "Damm-
grabensystems" versucht dar zu stellen.
Im Berg selber war es in Form von Sickerwasser oder aufgefahrene Wasseradern ein Fluch, denn es musste aus dem Berg heraus gebracht werden. Wasser sammelt sich bekanntlich immer an der tiefsten Stelle und wenn es nicht entsorgt wird, dann soffen dort die Grubenbaue zu erst ab. Wehe, wenn dann noch oben gerade ein Mangel an Aufschlagwasser für die Pumpen herrschte!
Bis zu einer gewissen Teufe und anfallenden Wassermenge konnte mit der vorhandenen Pumpentechnik das Wasser aus dem Schacht gepumpt werden. Bei größeren Teufen erhöhte sich der bergmännische Aufwand der Wasserentsorgung.
Es mussten "Wasserlösungsstollen" von möglichst nahe gelegenen Tälern aufgefahren werden. Die Wasserentsorgung bis in diese Teufe war damit gesichert und der Abbau konnte auch weiter herunter erfolgen, weil jetzt dieses anfallende Wasser nur noch auf das Niveau des Lösungsstollen gehoben werden musste.

Bild:Dr. Liessmann
Zum besseren geographischen Verständnis der weiteren Ausführungen sollten Sie eine Landkarte von etwa 1:50 000 zu Hilfe nehmen.
Dann ist es auch wichtig zu wissen, das Clausthal und Zellerfeld in rund 550-600 m über "Normal Null" liegen. Die vorn schon erwähnten Schächte "Dorothea" und "Caroline" hatten eine Teufe von 576 bzw. 488 m. Der "Thurm-Rosenhöfer Schacht" ging 708 m hinab, der "Hzg. Georg Wilhelm Schacht" kam auf 750 m Teufe.
Nun sollte ja jeder neu aufgefahren Wasserlösungsstollen wieder einen Gewinn an Teufe bringen. Man kann sich jetzt leicht vorstellen, dass dieser neue, der "Erbstollen" in immer größerer Entfernung vom Schacht angesetzt werden musste und der bergmän-
nische Aufwand riesig war. Geologische Schwierigkeiten, zum Beispiel sehr hartes Gestein, kamen noch dazu. Verhandlungen zwischen Grubenbetreibern, die auf einem Gang bauten, waren nicht so schwierig, da alle das gleiche Problem hatten und von einem gemeinsamen Lösungsstollen profitierten. Wie das nachfolgende Bild zeigt, reichen diese Probleme nicht. Es müssen, genau wie heute noch, politische Probleme dazu kommen. Der Harz war politisch damals sehr zerrupft. Das Problem war also, die einzelnen Landesherren, unter derer Gemarkung der Stollen verlaufen sollte, unter einen Hut zu bringen. Die Verhandlungen dauerten manchmal viele Jahre.

Bild:Dr. Liessmann

Die großen Wasserlösungsstollen

Wie schon erwähnt, der Oberharzer Bergbau kam Anfang des 16. Jahrhunderts so richtig in Gang. Viele Gruben bauten nebeneinander auf einem Gang. Es wurde recht schnell ersichtlich, dass eine Wasserlösung, die eine langen Nutzungszeit hat, dringend notwen-
dig war.
Für den "Zellerfelder Gangzug" setzte man in recht kurzer folge 4 solcher Lösungsstollen an, die später zum "Burgstätter Zug" verlängert wurden und dessen Wasser mit auf-
nahmen.
3 dieser Stollen hatten ihre Mundlöcher im "Innerstetal" um "Wildemann".
1524- "Tiefer Wildemann Stollen", Länge 9 km (stieß auf die "Caroline" in einer Tiefe von 140 m)
1551- "Getroste Hedwig Stollen" 8,8 km
1551- "Glückswart Stollen" 3,3 km
Der 4. Stollen, der "Frankenscharrn Stollen"-8,5 km, wurde 1548 im "Zellerfeldertal" (bei der ehemaligen Einersberger Zentrale) angesetzt.

Das Mundloch des "Tiefen Wildemannstollen
Nach 20 Jahren harter Arbeit wurde der Vortrieb des "Tiefen Wildemann Stollen" wegen fehlender "Wetter-
verbindung" zu höheren Grubenbauen unterbrochen. Abhilfe sollte der 13 Lachter (1 Lachter= 1,92 m) höher angesetzte "Getroste Hedwig Stollen" bringen, der wiederum in sehr festem Gestein stecken blieb. Der 3. Versuch wurde 19 Lachter höher mit dem "Glückswart Stollen" gestartet. Auch hier blieb man im harten Gestein stecken.
Erst 1568 wurde hier wieder mit dem Vortrieb weiter gemacht und nach 38 Jahren erreichte man die Grube "Rheinischer Wein" auf dem "Zellerfelder Zug".
Für die Gruben des östlichen "Zellerfelder Zugs" wurde 1548 der "Frankenscharrn Stollen" begon-
nen. Er wurde gleichzeitig mit 24 Stollenörtern, darunter von 11 "Lichtlöchern" aus, in 14 Jahren auf einer Länge von 2,5 km zum "Rheinischen Wein" aufgefahren und auf dem Gangzug nach Osten erweitert. Zu seiner Entlastung wurde in weiteren 75 Jahren auch der "Tiefe Wildemann Stollen" und der "Getroste Hedwig Stollen" weiter vor getrieben.
!5 Generationen haben an den Stollen in reiner "Schlegel-und-Eisen-Arbeit" geschuftet!
Der "Getroste Hedwig Stollen" ist heute als Besucherbergwerk zugänglich.

www.19-Lachter-Stollen.de

Der "Getroste Hedwig Stollen" wurde in
"19 Lachter Stollen" umbenannt
Schon Ende des 17. Jahrhunderts wurde die Wasserkraft sehr intensiv genutzt. So waren auf dem östlichen "Zellerfelder Zug" 7 "Kehrräder" und 17 "Kunsträder" in Betrieb. Durch Grabensysteme wurde das Wasser mehrfach genutzt bevor es zusammen mit dem her-
auf gepumpten Grubenwasser über den "Tiefen Wildemann Stollen" in die "Innerste" abfloss.
Anfang des 18. Jahrhunderts war auch das "Burgstädter Revier" größten teils an den "Tiefen Wildemann Stollen" und den"Getroste Hedwig Stollen" angeschlossen.
Im "Rosenhöfer Zug" war die Lage etwas günstiger, weil die Erzmittel nicht so tief lagen. Hier wurden zwei Wasserlösungsstollen auf gefahren.
1554 der "Fürstenstollen" aus dem "Clausthal"- war 1,1 km lang und erbrachte im "Ro-
senhöfer Schacht" 44 m ein.
1573 der "Rabenstollen" aus dem "Rabental"- war 2,5 km lang und brachte auf diesem Schacht weitere 63 m ein.
Der Vortrieb des "Rabenstollen" dauerte 44 Jahre und er wurden dann 170 Jahre genutzt.
Ab Anfang der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts kam es zu großen Problemen im Ober-
harzer Bergbau. Eines davon war der "Siebenjährige Krieg" und seine Folgen. Das an-
dere war der Bergbau selbst.
Der Abbau war in große Tiefen vorgestoßen und lag über 250 m unter dem tiefsten, bis dahin auf gefahrenen Wasserlösungsstollen. Die Kapazitätsgrenze des "Tiefen Wilde-
mann Stollen" war erreicht. Wenn die Sommer trocken und die Aufschlagwasser knapp waren, mussten die ganz tiefen Schachtbereiche still gelegt werden.
Das Problem war nur mit einem erheblich tieferen Stollen zu beseitigen. Der Plan, bei "Lasfelde" (bei "Osterode"), diesen Stollen anzusetzen und bis zum "Rosenhöfer Revier" aufzufahren, musste wegen technischen Schwierigkeiten aufgegeben werden.
Es war wieder der "Oberbergmeister G. A. Steltzener", der sich mit Nachdruck dafür einsetzte, diesen tiefen Stollen in der Nähe der "Bergstadt Grund" anzusetzen und nach "Clausthal", "Zellerfeld" und "Wildemann aufzufahren. Anfangs scheiterte der Bau, wie sollte es auch anders sein, an den leeren Staatskassen. Die Clausthaler Bergleute, für die der Stollen lebenswichtig war, zahlten schließlich auf Betreiben Steltzeners 1 Pfennig je verdientem Gulden als "Bergsteuer" für das Projekt.
Am 26. Juli 1777 wurde unter Leitung Steltzeners mit der Auffahrung des "Tiefen Georg Stollens" begonnen. Benannt nach dem hannover-englischen König "Georg III.". Aufgefahren wurde der Stollen am östlichen Ortsrand von "Grund", an der "Abzucht".

das Mundloch des "Tiefen Georg Stollen"
Bis hinauf zum "Rosenhöfer Revier" wurden erst 6 "Lichtlöcher" abgeteuft und mit Wasserkünsten versehen. Danach konnte ein effektiver "Gegen-
ortbetrieb" aufgenommen werden.

(Gegenortbetrieb- Stollenabschnitt wird von 2 Seiten aufgefahren)
Es dauerte 22 Jahre ständiger "Bohr- und Schieß-
arbeit" mit 15 Durchschlägen bis der Stollen auf 10,5 km aufgefahren war und alle "Clausthaler" und "Zellerfelder" Gruben verband. Dieser Stollen brachte auf zum Beispiel auf der "Caroline" eine um 150 m größere Tiefe als der "Tiefe Wildemann Stollen".
"Oberbergmeister Steltzener" hat 74 jährig den letzten Durchschlag am 5. September 1799 noch erlebt.
1821 wurde begonnen vom Schacht "Silberne Schreibfeder" das "Bockswieser Flügel-
ort" zum "Johann Friedricher Schacht" aufzufahren. 1835 war das geschafft und danach wurde noch bis Hahnenklee weiter gebaut.
Damit hatte der gesamte "Tiefe Georg Stollen" eine Länge von 19 km und war das längste Tunnelbauwerk der Welt!
Schon 4 Jahre nach der Fertigstellung des "Tiefen Georg Stollen" begann man 150 m unter seiner Sohle die "Tiefe Wasserstrecke", die das "Rosenhöfer-, Burgstädter- und das Zellerfelder Revier" verband, totsöhlig aufzufahren.
Hier wurden alle Grubenwasser, die aus noch tieferen Grubenbauen hochgepumpt wurden, gesammelt und dann auf den "Tiefen Georg Stollen" gehoben.
1836 hatte diese "Tiefe Wasserstrecke", zwischen dem nordwestlich gelegenen "Schreibfeder Schacht", der im Osten gelegenen "Caroline" und dem im Süden liegenden "Silberseegener Schacht", eine Länge von 6,57 km.
Schon ab 1833 wurde diese Wasserstrecke zum Erztransport auf Kähnen genutzt.
Im Besucherbergwerk in "Lautenthal" ist die Wasserstrecke nachgestellt worden.

Das war effektiv und billig und hat sich bis zur Einführung der elektrischen Strecken-
förderung (1905) bestens bewährt. In den Anfangsjahren musste das Erz noch von Hand umgeladen werden. Dann erfand jemand das "Kastentransportsystem", das Wort "Con-
tainer" gab es damals noch nicht. Auf dem Kahn standen die Kästen, die dann direkt an das Seil des "Silberseegener Schachtes" angehängt wurden.

Bild:Dr. Liessmann
Die Erfindung des Drahtseils durch "Oberbergrat Wilhelm August Julius Albert" in Claus-
thal, und die Erfindung der "Harzer Fahrkunst" durch "Oberbergmeister Georg Ludwig Wilhelm Dörell in Zellerfeld, machten Schachtteufen von mehr als 600 m möglich. Das führte zwangsläufig wieder zu Problemen mit der Wasserlösung.

Wilhelm August Julius Albert
Bild:Wikipedia

Skizze der "Harzer Fahrkunst"
Bild:Dr. Liessmann
Es gab aber schon seit einigen Jahren Pläne für einen Wasserlösungsstollen, der tiefer liegen sollte als der "Tiefe Georg Stollen" und westlicher, bei "Gittelde", anzusetzen war.
Er sollte von "Gittelde" zur "Hoffnung Gottes" bei "Grund" führen und dann dem "Silbernaaler Gangzug" folgen. Von hier weiter querschlägig nach "Wildemann". Von "Wilde-
mann", dem "Zellerfelder Zug" folgend zum "Schreibfeder Schacht", wo er in die "Tiefe Wasserstrecke" mündet.

Info-Tafel an der
"Silbernen Schreibfeder"

Das Mundloch des
"Ernst-August-Stollen"
Nach 13 Jahren, am 22. Juni 1864, war es geschafft. Der "Ernst-August-Stollen" hatte vom Mundloch bis zur "Schreibfeder" eine Länge von 10,9 km. Nach dem das "Bockswieser- und das "Lautenthaler Revier" über ein "Flügelort" angeschlossen waren hatte der Stollen eine Länge von 26 km. Durch weitere Untersuchungsstrecken und Querschläge entstand am Ende eine Länge von 33 km.

Das Kulturdenkmal "Oberharzer Wasserregal"

Alle Stauteiche, Gräben und Wasserläufe, die zwischen 1536 und 1866 im Oberharz zur Bereitstellung von Aufschlagwasser von den Bergleuten gebaut wurden, bilden heute das "Oberharzer Wasserregal".
In dieser Zeit wurden über 120 Teiche, mehr als 500 km Gräben und 30 km Wasserläufe gebaut.
Alle diese Anlagen stehen unter Denkmalschutz!
Sie unterscheiden sich in 2 Gruppen - die "passiven-" und die "aktiven Anlagen".
Die "passiven Anlagen" werden nur noch in ihrem derzeitigen Zustand und Umfang erhalten.
Die "aktiven Anlagen", 65 Teiche, 70 km Gräben und 20 km Wasserläufe, sind heute noch angestaut bzw. es fließt noch Wasser hindurch. Das Wasser wird auch heute noch genutzt, wie zum Beispiel zur Stromerzeugung im "Samson" in "Sankt Andreasberg".

Das "Wasserregal"

Mit der Verleihung des Rechts, auf einem bestimmten, abgemessenem Bereich des Gangzugs, Bergbau zu betreiben, hatte der jeweilige Landesherr auch das Recht der Wassernutzung mit verliehen. Durch Königsrecht, "Regal", wurde die Wassernutzung für die ganze Zeit, in der tatsächlich Bergbau betrieben wurde, gestattet.

Die Elemente des "Oberharzer Wasserregal"

Teiche, Gräben, Wasserläufe sind die Elemente. Unter Ausnutzung aller Möglichkeiten welche die nähere und sehr oft auch die weitere Umgebung um den Gangzug bot, wurden perfekte Versorgungssysteme gebaut. Für jeden Gangzug eins.
Alle besonders wichtigen Gräben waren innen mit "Trockenmauerwerk" ausgekleidet.

Graben in "Trockenmauerwerk" Ausführung
an den "Pfauenteichen
Man war immer bemüht, das Niveau der Gräben und Teiche möglichst hoch zu halten um das Wasser in mehreren "Fällen" nutzen zu können. Damit Gräben für Reparaturarbeiten trocken gelegt werden konnten, oder bei sehr starken Niederschlägen die Gräben nicht geschädigt wurden, hat man regulierbare Öffnungen ("Fehlschläge") eingebaut.
Um ein Zufrieren der Gräben weitestgehend zu verhindern, wurden sie abgedeckt. Dazu lagen in Abständen Balken oder Steine über den Gräben zur Stützung der Reisigabdeckung. Oder es wurden gleich Bögen mit eingemauert.

"Fehlschlag" am "Dammgraben"
die Brettersperre konnte erhöht oder entfernt werden

Bögen für die Abdeckung
"Wasserläufe" dienten ebenfalls als Schutz gegen das Zufrieren, wie zum Beispiel dieser Wasserlauf in der Nähe des "Polsterberger Hubhauses".
Die Teiche unterscheiden sich im Aufbau ihres Dammes. Das Bild verdeutlicht die verschiedenen Konstruktionen. In der obe-
ren Ausführung wird der Damm wasser-
seitig mit "Rasenhaupt" abgedichtet. In der unteren besteht die Dichtung aus Granit-
sand im Innern. Der Striegel wird von der Dammkrone aus bedient.

Bild:Dr. Liessmann

Beispiel für die obere Dammkonstruktion
der "Carler Teich"

Für die andere Variante steht
der "Oderteich"
Der "Oderteich" ist nicht die älteste Talsperre des Harzes, aber sie war nach ihrem Bau 1715-1722 für 170 Jahre die größte in Deutschland. Über der Gründungssohle ist sie 20 m hoch. Das Stauvolumen beträgt 1,7 Mio m3.

Der "Mittlere Pfauenteich"
Der "Mittlere Pfauenteich" hat zwei "Striegelhäuser". Das erste bedient den "oberen Fall" und nutzt die ersten 4,5 m des gestauten Wassers. Das andere dient dem Grund-
ablaß des Teiches bei eventuellen Reparaturen und das Wasser fließt in den "Unteren Pfauenteich".

Gefährdung des "Kulturdenkmals"

Durch die Erfindung der Dampfmaschine und dann später der Elektrizität ging die Nut-
zung der Wasserkraft und der dazu gehörigen "Teich- und Grabensysteme" immer weiter zurück. Von den Anlagen des "Oberharzer Wasserregals" sind noch knapp 90% erhalten oder nachweisbar.
Aber mit zunehmender touristischer Nutzung des Harzes ist das "Oberharzer und auch das Unterharzer Teich- und Grabensystem" immer mehr in seinem Bestand gefährdet. Wenn zum Beispiel viele Menschen die Grabenwege auf der Grabenbrust begehen kann das Trockenmauerwerk beschädigt werden. Es gibt aber auch Zeitgenossen, die randa-
lierend durch die Gegend ziehen.
Jeder ist eingeladen die historischen, mit viel Schweiß und Mühe errichteten Anlagen zu besichtigen. Aber bitte behandeln Sie diese Denkmäler pfleglich, denn sie sollen noch vielen späteren Generationen zur Erholung dienen.
Im Jahr 2010 wurde die "Oberharzer Wasserwirtschaft" zum "UNESCO-Welterbe" erklärt. Zu diesem Listenpunkt gehören noch das "Weltkulturerbe Rammelsber", die "Altstadt von Goslar" und das "Kloster Walkenried". Besuchen Sie auch die Rubrik: "Der Harz und sein Weltkulturerbe".
Ich habe hier versucht Ihr Interesse für das Kulturdenkmal "Oberharzer Wasserregal", oder für den "Oberharzer Bergbau" allgemein zu wecken. Diese Themen kann man aber nicht auf einer Internetseite komplett abhandeln. Es gibt dazu Literatur, die sehr allge-
meinvertsändlich und dennoch ausführlich, alles erklärt. Die Bücher können Sie im Buchhandel bestellen. Wanderkarten kaufen Sie dann bei Ihrem Harzurlaub.
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen herzlich bedanken, die mir Bild- und Textma-
terial zur Verfügung gestellt haben.
Dr. Wilfried Liessmann: er ist unter anderem "wissenschaftlicher Koordinator des Lehr-
bergwerks Roter Bär" in "Sankt Andreasberg.

Lehrbergwerk "Roter Bär"
Dr. Liessmann hat mir Bild- und Textmaterial aus seinem Buch "Historischer Bergbau im Harz" freundlicher Weise zur Verfügung gestellt. ISBN 978-3-540-31327-4 (3. vollst. überarbeitet Auflage)
Dieses Buch ist mit den vorherigen Auflagen nicht zu vergleichen, weil es viele neue Informationen enthält und außerdem gleich noch Wandertips und Hinweise auf weiter-
führende Literatur gibt. Es ist also auch für alle, die das "alte" Buch haben, eine sehr interessante Lektüre.
Die "Harzwasserwerke GmbH" in "Hildesheim" betreut von ihrem Betriebshof, in der Erzstr. 24 in Clausthal-Zellerfeld, aus das "Oberharzer Wasserregal". Erzstraße 24- das ist der ehemalige "Kaiser-Wilhelm-Schacht II". Dort gibt es eine sehr interessante Ausstel-
lung darüber.
Öffnungszeiten: April bis Oktober jeweils am Mittwoch und Samstag von 15.00 bis 17.00 Uhr.
Die "Harzwasserwerke GmbH" hat mich ebenfalls unterstützt.

www.harzwasserwerke.de
Für alle bergbauinteressierten Wanderer gibt es ein sehr hilfreiches Buch:
"WasserWanderWege" von Martin Schmidt.
ISBN 3-923605-49-1
Interessante Einblicke in den "Oberharzer Bergbau" vermittelt auch das "Oberharzer Bergwerksmuseum" in der "Bornhardstrasse" im Ortsteil "Zellerfeld". Hier zur Orien-
tierung eine
Stadtplanskizze
Die aktuellen Öffnungszeiten und Angebote entnehmen Sie bitte der Webseite des Museums.
www.bergwerksmuseum.de
"Welterbestätte Bad Grund"
"UNESCO-Welterbe Oberharzer Wasserwirtschaft"
Viele Harzwanderkarten sind im Maßstab 1:50 000 ausgeführt. Zum Thema passend gibt es, zum Beispiel in Clausthal-Zellerfeld, eine Karte 1.30 000 (ATLASCO Blatt 283 "Clausthal-Zellerfeld" mit Stadtplan)

Mit Helm, Geleucht und Watstiefel auf Exkursion

Diese Exkursion ist nicht zu verwechseln mit der Besichtigung eines Besucherberg-
werks!
Treffpunkt für die Befahrung der "Altensegener Rösche" ist der ehemalige "Ottiliaeschacht" in Clausthal-Zellerfeld. Zu sehen ist das älteste Stahlfördergerüst Deutschlands.
Nach dem Einkleiden mit Watstiefeln, Gummijacke (darunter priv. Arbeitssachen), Handschuhen, Helm und Geleucht gibt es Erläuterungen zum Schacht und der nicht mehr vorhandenen Aufbereitungsanlage. Außerdem die notwendige Belehrung über die Gegeben-
heiten Untertage. Für diese Exkursion ist auch eine gute körperliche Fitnes Grundvoraus-
seztzung.
Vom "Ottiliaeschacht" geht es dann in voller Montur zum Mundloch der "Altensegener Rösche". Bei der Befahrung gibt es auch Trockenausbau zu sehen. Hält heute noch!.
Die Watstiefel gab es nicht umsonst. Es ging durch mehr wie knietiefes Wasser und durch den 0,8m x 0,8m x 70m langen Wasserlauf, der schlammig war und durch den noch ein Rinnsal floß. 70 Meter auf allen Vieren! Zu sehen war dann eine riesige ovale, unterir-
dische Radstube. Dann 70 Meter den selben Weg zurück. Die imposante Radstube war es wert.
Beendet wurde die Tour in der runden Radstube der ehemaligen Grube "Thurm Rosenhof".
Unterwegs wurde alles sehr anschaulich erklärt und auch die Fragen der Teilnehmer beantwortet.
Diese Exkursion wird über das "Oberharzer Bergwerksmuseum" angeboten. Hier finden Sie den Tourkalender, den Teilnehmerpreis und die Telefonnummer. Eine Teilnahme ist nur nach Voranmeldung möglich.